Ja, da habe ich das verlängerte Wochenende doch mal dazu genutzt, um am Corsa meiner Freundin die Steuerkette zu tauschen.
Corsa D
Z12XEP
165000km
BJ 2006
Symptome: kurzes Rasseln direkt nach dem Start, im warmem Zustand rhythmisches Tackern und Rasseln aus Richtung des Kettentriebes (Motorseitig rechts).
Ersteinmal ein Hinweis vorweg:
man sollte defintiv schon Schraubererfahrung mitbringen. Im Prinzip ist das "nur" das lösen einer Menge Schrauben.
Allerdings kommt man nicht überall perfekt dran und auch ist nicht immer Platz um mit einem Drehmomentschlüssel arbeiten zu können: da muss dann das eigene Schraubergefühl her halten.
>> Batterie abklemmen!!! <<
>> Spezialwerkzeug nötig<<
Öl - und Wasser ablassen: versteht sich von selbst.
- Um an die Steuerkette ranzukommen, muss eine Menge weg. Luftführung, die Zylinderkopfhaube und Schläuche (am Thermostatgehäuse: (oberer dicker Schlauch) muss Dieser nicht gelöst werden: einfach das Thermostatgehäuse komplett abschrauben und mit Schlauch beiseite legen) sowie Kabel/ Stecker sind ebenfalls eine einfache Sache.
Weiterhin muss zwingend die Ölwanne runter! Egal was geschrieben wird: das ist ein MUSS.
Begründung: das Steuergehäuse steht vorne auf der Ölwanne: wird die Ölwanne nicht demontiert, lässt sich das Steuergehäuse zwar vermeintlich einwandfrei abnehmen und auch wieder montieren, allerdings einen Hauch zu hoch: denn das Gehäuse sitzt auf der Wanne und wird immer etwas nach oben gedrückt und erreicht trotz Führungen nicht seine vorherige Position!
In umgekehrter Reihenfolge sitzt das Steuergehäuse nach der Montage genau richtig (zentriert mittels Passhülsen), an dass dann die Ölwanne angesetzt werden kann.
- Am Katflansch muss das Flexrohr demontiert werden: Schrauben raus, hinteren Halter am Abgasrohr aus den Gummis gehangen und das Rohr nach unten absenken.
Bei mir ist dabei hinten am Endtopf das schon arg rostige Rohr abgerissen.

Hinweis hier: alle Schrauben an dem besch****



Nur: wie jetzt wieder befestigen? Die restlichen Stehbolzen bündig zum Flansch geschnitten, nachdem ein Rausschlagen dieser gescheitert ist.
Aufbohren der Bolzen könnt ihr direkt sein lassen. Trotz guter Bohrer und Öl: nix zu machen.
Also habe ich Längsschlitze in den Flansch geschnitten (Dremel + Flex), konnte dann Schrauben einführen und die Sache am Ende einwandfrei anknallen.
Alleine diese Sache hat einiges an Zeit gekostet - man versucht ja immer die Sache erst einmal zu retten. Hier war aber nix zu machen.
Eventuell hätte ein dicker Brenner geholfen, um den Mutternrest einfach gnadenlos runter zu lodern!
- nachdem die Ölwanne dann weg ist, muss der Motor unterbaut werden: Wagenheber mit Kantholz eignet sich dazu.
Achtung: am besten den Motor nicht zu weit Richtung Steuergehäuse abstützen, ruhig etwas weiter hinten. Beim 3 Zylinder geht das sogar fast am Getriebe!
Bedenkt, dass ihr den Motor noch durchdrehen können müsst. Das Kantholz kann ungünstig positioniert die Kurbelwelle am Drehen hindern. Auch bitte auf die nach unten hängenden Ölrohre achten!
>> Laufrichtung des Riemens markieren - nicht überlebenswichtig, aber wenn der hinterher entgegen gesetzt aufgelegt wird, kann das Pfeifgeräusche geben <<
- Weiter gehts mit dem Spanner des Rippenriemens: Opel hat zum entspannen ein Riesenoschi von Werkzeug das auf die Spannrolle gesetzt wird.
Es geht aber auch mit einem langen Schraubendreher mittels vorsichtigem Hebeln über Spannrolle und Motorhalter: da zwischen gehen und entspannen.
Beim Entspannen wandert oben auf dem Kopf des Spanners ein kleines Metallfähnchen heraus und ein Loch wird sichtbar: hier einen Nagel oder Ähnliches einstecken: das verhindert ein zurückwandern des Spanners: der kann später dann ganz einfach wieder angesetzt werden.
Hinweis noch: Am Steuerkettengehäuse und am Spanner sind Bohrungen: da kann ein Nagel eingeführt und der Spanner dort noch eine weitere Stufe gespannt werden, sodass sich völlig easy der Rippenriemen ab - und wieder aufbringen lässt.
- Nach dieser Aktion das rechte Motorlager entfernen: erst den oberen Bock, dann die Kühlmittelpumpenriemenscheibe (Wort des Tages) lösen: sonst geht der Block nicht raus.
Hinweise zum entnehmen des Motorhalters: Schrauben lösen, Motor absenken (keine Angst: der macht das locker mit) bis die untere Schraube herausgezogen werden kann. Wieder hoch das Ganze und die obere linke Schraube entnehmen, noch ein Stück höher und die rechte Schraube herausziehen.
Ganz wichtig: bei mir ging das nur mit Schwierigkeiten: ich denke ich hab den Motor zu ungünstig unterbaut. Bei der Montage lief dann gar nix mehr: der Motor war zu weit in Richtung Spritzwand gewandert und lies sich nicht mehr nach vorne bewegen.
Glücklicherweise hab ich einen 1200kg Motorkran (es reicht auch einer mit 200kg

Folgend noch den Klimakompressor abschrauben: 3 Schrauben und das Dingen mittels Draht wegbinden. Die Lichtmaschine hat nur 2 Schrauben zum lösen und kann dann vorsichtig runter auf die Antriebswelle gelegt werden. Die Anschlüsse sind lang genug.
- Riemenscheibe weg
>> Motor nun das erste mal "abstecken": heisst: auf die Steuerzeitenmarkierungen setzen. Das läuft wie folgt:
Motor soweit im Uhrzeigersinn durchdrehen bis die Längsschlitze hinten links in den Nockenwellen eine Flucht bilden und das Nockenwellenlineal eingeschoben werden könnte (noch nicht einsetzen!!!).
Die Nocken des 1. Zylinders (direkt am Steuergehäuse) müssen dabei nach aussen zeigen.
Nun muss das Kurbelwellenwerkzeug in die Abstecköffnung vorne am Motorblock unterhalb des Klimakompressors eingesteckt werden. Die Öffnung ist mittels einer Schrauber mit Torx T55 verschlossen und sitzt teilweise sehr fest.
>> Achtung: nicht mit der Schraube des Öldruckregelventiles verwechseln!!!<<
Nun den Kurbelwellendorn ansetzen und gleichzeitig an der Kurbelwellenhauptschraube (Außentorx E18) vorsichtig nach links und rechts drehen: fühlen, ob der Dorn reinrutscht: er muss bis zum Anschlag hineingleiten: die Kurbelwelle darf sich danach nicht mehr drehen können!
>> Sehr wichtiger Hinweis!<<
Es gibt direkt neben der eigentlichen Bohrung in einer Wange der Kurbelwelle eine weitere Stelle, an der sich der Dorn so verkeilen kann, dass die Welle fest sitzt.
Dies ist jedoch NICHT die richtige Position, solange der Dorn nicht bis Anschlag eingeführt werden kann!
Nun schauen, ob das Nockenwellenlinial eingesetzt werden kann. Wenn das klappt, alle Werkzeuge raus und die Hauptschraube vorne an der Kurbelwelle gelöst.
Die sitzt saufest - bei mir half ein Schlagschrauber.
>> Mega wichtiger Hinweis: Weder zum Gegenhalten der Kurbelwelle, noch zum Gegenhalten der Nockenwellen dürfen die Absteckwerkzeuge verwendet werden: glaubt mir Leute: das Zeuch bricht und verbiegt sich schneller als ihr schauen könnt. Auch kann es zu Ausbrechungen an Nockenwelle und Kurbelwelle kommen.<<
-Riemenscheibennabe abnehmen
Nun ist der nötige Platz und die Vorbereitungen zum abnehmen des Steuergehäuses geschaffen. Angefangen wird mit der Wasserpumpe (Achtung: Wasser läuft noch aus!).
Achtung: Die Wasserpumpe hat kurze und lange Schrauben. Beide Längen sind nicht identisch mit den Schrauben des Steuergehäuses: merkt euch das bitte!
Auch bitte genau darauf achten, dass alle Schrauben weg sind: das Gehäuse klebt gerne am Motorblock und muss vorsichtig ohne die Dichtflächen zu demolieren heruntergehebelt werden.
Nach der Demontage die 3 Gleitschienen (links, rechts und oben) abnehmen, Ritzel unten demontieren, Spanner weg, Kette runter, Nockenwellenräder oben ab (dabei die Nockenwellen an der extra vorgesehenen Stelle Richtung Steuergehäuse mit 6 Kant 22er Schlüsselweite gegenhalten).
- Dichtung abnehmen
- neue Dichtung drauf: an den Stellen zwischen Zylinderkopf und Motorblock soll eine Naht Dichtmasse aufgetragen werden. Die von mir verwendeten Elring Dichtungen haben an diesen Stellen allerdings extra Dichtflächen - das mit der Dichtmasse habe ich mir bisher immer gespart - eine Undichtigkeit gabs nie.
Wenn ihr Dichtmasse verwendet, muss die folgende Montage zügig gehen:
Ritzel unten, Nockenwellenräder oben (nur handfest beiziehen! >> darauf achten die Phasengeberscheibe an der Einlassnockenwelle links richtig herum aufzusetzen!!!<<), Kette auflegen, alle Schienen (linke: 20NM, Rechte: 8NM, oben: 8NM) montieren, neuen Spanner (8NM) montieren (Stift stecken lassen!!!).
Danach die Blockierwerkzeuge wieder einsetzen: danach dürft ihr den Stift ziehen.

>> Wichtig!: die Schrauben der Nockenwellenräder oben müssen soweit angezogen werden, dass die Räder sauber sitzen und sich dabei noch drehen lassen!! <<
Durch das Ziehen des Stiftes spannt sich der Steuertrieb nun.
Nun die Montage (das Reinigen aller Dichtflächen setze ich hier mal als Selbstverständlichkeit voraus):
- neuen Kurbelwellensimmerring ins Steuergehäuse einsetzen, den alten einfach raushebeln.
- Wasserpumpe mit neuer Dichtung am Steuergehäuse anschrauben:
hierzu die 3 kurzen Schrauben (8Nm) verwenden: die kommen an die Position an der am Motorblock keine Gewinde zu sehen sind.
Steuergehäuse nun ansetzen und erst einmal nur mit den restlichen 6 Schrauben der Wasserpumpe fixieren (8NM), folgend die Schrauben Steuergehäuse > Zylinderkopf (8NM), dann Steuergehäuse > Motorblock (8NM) und zum Schluss die beiden großen Schrauben an der Ölpumpe einsetzen und mit 35NM anziehen.
- Riemenscheibennahme aufstecken, die eingekörnte Markierung zeigt nach oben!
- Schraube anballern - 150NM + 15° - ich hab den Schlagschrauber verwendet: Stufe 4 und Feuer frei. Die feine Englische ist das nicht - aber: es geht dabei nichts kaputt und die Sache wird fest!
Nun folgt der eigentliche Punkt der Steuerzeiteneinstellung. Hier bitte sehr sorgfältig vorgehen!
> Alle Absteckwerkzeuge einsetzen: Kurbelwelle, Nockenwelle und dieses mal auch die der Phasengeberscheibe.
Das Werkzeug der Phasengeberscheibe passt nur in einer bestimmten Position und muss mit den beiliegenden Schrauben am Steuergehäuse zwingend angeschraubt werden!
Nachdem alles passt die Nockenwellenräder vorsichtig mit 10- 15NM beiziehen. NICHT fester!
> Die Absteckwerkzeuge alle wieder demontieren.
> Jetzt einen 2. Mann dazu holen, geht mit Unterstützung viel einfacher: nun müssen die Nockenwellen am oben angesprochenen 6- Kant kräftig gegen gehalten werden, während die Schrauben mit 50NM + 60°, angefangen auf der Einlassseite, anzuziehen sind.
Durch die Anlauffscheiben braucht ihr keine Sorgen haben, dass sich die Nockenwellenräder und die Phasengeberscheibe verdrehen.
Auf jeden Fall nun den Motor 2 mal durchdrehen und erneuert abstecken: passt jetzt alles immer noch ist das Spiel gewonnen.



Ein paar letzter Hinweise noch, denn die weitere Montage folgt umgekehrt zu oben:
Die Riemenscheibe besitzt einen Körnerpunkt neben einem Schraubenloch: das muss Deckungsgleich zu der Markierung am Riemenscheibenflansch sein. Die Scheibe kann auch anders montiert werden, jedoch sitzt dann die OT Markierung auf der Riemenscheibe an anderer Stelle.
Die Zylinderkopfhaube mit 8NM sorgfältig anziehen - da sifft beim grobmotorischen Anziehen gerne mal die Dichtung.
An der Ölwanne erst die kleinen Schrauben mit 10NM möglichst verteilt über Kreuz anziehen, erst dann die 3 dicken Schrauben zwischen Ölwanne und Getriebe mit 40NM.
Thermostatgehäuse: 8NM
Hinweis noch: der Corsa D besitzt oben rechts am Kühler (erreichbar durch ein Loch im Schlossträger) eine mittels großem Schlitzschraubendrehers erreichbare Entlüftungsschraube. Damit wird das entlüften zum Kinderspiel: erst gut Wasser ins System füllen und wenn der Stand im Ausgleichsbehälter nicht mehr absinkt die Schraube aufdrehen. Da reichen ein paar Umdrehungen: erst zischt es und irgendwann läuft Wasser aus.
Zeitaufwand für die ganze Sache: mein bei Opel als Werkstattleiter arbeitendet Onkel hat vor 2 Wochen an deren Opel Corsa C mit 3 Zylinder Motor und unter Hilfe einer Hebebühne 3.5h Stunden gebraucht.

Utopisch für uns Hobbybastler.

Schon beim zweiten Mal in wohl irgendwas in 4 bis 7 Stunden.

Opel gibt 4 Stunden beim 4 Zylinder und 3.5 Stunden beim 3 Zylinder vor - das ist aber nur unter sehr guten Schrauberkentnissen und genau aufeinander abgestimmten Arbeits - und Montageabläufen machbar.
Kosten bei Opel beim Z12XEP: 1150€
Kosten Material beim selber machen: ca. 300€
Kettensatz (Gleitschienen (mit Schrauben), Spanner, Kettenräder, Kette, Schrauben Kettenspanner, Schrauben Nockenwellenräder)
Dichtungen: Ölwanne, Zylinderkopfhaube, Steuergehäuse, Wasserpumpe, evtl. Thermostatgehäuse, Dichtung Abgasflansch, Kurbelwellensimmerring
Bitte Markenkram verwenden!
Übrigens: ich hab von Haskyy für ca. 30€ das Arretierwerkzeug gekauft. Der Kurbelwellendorn aus diesem Set passte NICHT! Ein paar Zehntel im Durchmesser zu groß, äusserst ärgerlich.
Wäre mein Onkel (den ich besser direkt gefragt hätte, wollte ihn aber nicht mit dem Werkzeug mitbringen belästigen) nicht gestern morgen extra in den Betrieb gefahren deren Werkzeug holen, hätte ich die Kiste nicht wieder zusammen bauen können.



Anregungen, Fragen, Ergänzungen etc. sind natürlich wie immer Willkommen!

Im Anschluss noch ein paar Bilder:
Hier sieht man mal den Verschleiss nach 165000km